Weil diese These, so apodiktisch genommen, Quatsch ist.olds hat geschrieben:Dann aber mal wieder ganz praktisch und einfach gedacht.
Mir wurde jetzt immer gesagt, dass der Prinz 8' die Grundlage des Prinzipalplenums ist. Wenn ich aber eine Orgel ohne einen Prin 8' habe, wieso klingt das Ding dann trotzdem, obwohl ja scheinbar das Fundament, so wie es in modernen Orgelschulen und modernen Orgelunterricht gepredigt wird, fehlt?
Das Prinzipalplenum ist ein System aus Grundtönen, Oktaven, Quinten und manchmal auch Terzen. Die Obertonreihen, denen die jeweils tiefsten Quinten (und Terzen) entnommen sind, bestimmen die Grundtonlage des Plenums. Ist die tiefste Quinte ein 2 2/3', so basiert das Plenum auf der 8'-Lage; bei 5 1/3' auf 16', bei 1 1/3' auf 4'.
Ein 8'-Plenum ist immer erstrebenswert, weil 8' eben die Äquallage ist und mit Singstimmen und Räumen am besten zusammenwirkt. Was für ein Register die 8'-Lage vertritt, ist dabei erstmal egal – Hauptsache, es passt in Mensurverlauf und Intonation zum Rest des Plenums. Ein Prinzipal 8' gibt dabei eine satte, klanglich ergiebige Grundlage, das Plenum fühlt sich erkennbar wohl mit so einem Fundament. Eine Rohrflöte, ein Gemshorn, ein Gedackt, ja sogar eine Gambe oder ein Salizional können das aber ebenso leisten – Hauptsache, die Register darüber mischen sich gut, und irgendwann setzt ein 2 2/3' ein, denn der betont und verstärkt im Zusammenspiel mit der Oktave 4' die 8'-Grundtonlage. Hauptwerksmixturen führen ihn so gut wie immer spätestens ab der Klaviaturmitte (= Gesangslage) mit.
Also: Eine präsente 8'-Lage ist wichtig – nicht ganz so wichtig ist, welches Register sie vertritt.
Im System Prinzipalchor ist ein anderes Register wichtiger: Die Oktave 4'. Sie ist Dreh- und Angelpunkt des Plenums, denn sie überbrückt von der Äquallage zur Mixtur. Es lohnt sich, sie mal solo auszuprobieren: Oft ist sie – nicht der 8' – der straffste Prinzipal der Orgel und fungiert als tragende Säule des Plenums. Ihr Verhältnis nach unten (Prinzipal) und oben (Mixtur) bestimmt den Charakter des Plenums. Ein kräftiges, einheitliches, strahlendes Plenum ergibt sich, wenn die Oktave und alle höheren Reihen die gleiche oder eine sehr ähnliche Weitenmensur und den gleichen Mensurverlauf haben; das 8'-Prinzipal ist oft ein bisschen weiter, hat aber den gleichen Verlauf (so machten es z. B. Silbermann und Schulze, deren Plena für ihre Qualität, Kraft und Ausgeglichenheit berühmt sind). Das ermöglicht es unseren Ohren, das Plenum als einen einzigen Klang wahrzunehmen statt als Haufen aus Parallelen. Viele Orgelbauer benutzen aber auch für jede höhere Plenumsreihe eine etwas engere Mensur; das erleichtert angeblich den Klangausgleich, kann aber zu sehr dünnen Mixturen führen, die von den tieferen Reihen geschluckt werden, statt mit ihnen zu verschmelzen.
Egal, wie das Register heißt: Es muss dann gut auf den prinzipalischen 4' abgestimmt sein und nahtlos mit ihm verschmelzen. Das kann erstaunlich gut funktionieren, so gut, dass man ein Prinzipal 8' im Mischklang nicht vermisst. »Grob-« oder »Groß-« kann ein Hinweis sein, dass das Register weiter mensuriert ist als ein eventuelles anderes Gedackt in der Orgel, das sorgt für mehr Tragfähigkeit.olds hat geschrieben:Dass ein Grob-/Großgedackt noch ein wenig mehr kann als ein normaler Gedackt, klar, aber wie funktioniert das den nun?
Viele Grüße
Friedrich