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Orgeltranskriptionen Band 4

Komponist: Mendelssohn Bartholdy, Felix
Bearbeiter: Schmeding, Martin
Verlag: Butz


4 Transkriptionen aus dem Klavierwerk

Hier stimmt einfach alles! Preis, Leistung, Aufwand, Ergebnis! Ja, in der Tat, das Ergebnis kann sich sehen lassen! Schon der Einstieg ist perfekt. Die Titelseite zeigt in Reproduktionstechnik das eigenhändige formvollendete Aquarell von Felix Mendelssohn Bartholdy von 1829 mit dem Titel „Kathedrale von Durham“. Aufgrund der Eigenschaft, dass sie als größtes und perfektestes Monument normannischer Architektur in England gilt, wurde die Kathedrale (zusammen mit Durham Castle!) von der UNESCO zum Welterbe der Menschheit erklärt. Mendelssohn besuchte Großbritannien zehnmal: "London ist das grandioseste und complicierteste Ungeheuer, das die Welt trägt", schrieb er 1829 aus der englischen Hauptstadt. Er war ein Klavier- und Orgelvirtuose, dessen Improvisationskunst und außergewöhnliche Fähigkeit, Musik aus dem Gedächtnis zu spielen, legendär war.

Mit detektivischem Spürsinn vertiefte sich Mendelssohn (sein Nachname wurde seit seiner protestantischen Taufe 1816 um den Zusatz des christlichen Onkels -Bartholdy- ergänzt) in die Handschriften von Bach, Händel, Mozart, Beethoven und Schubert. Als fast konkurrenzlosen Künstler feierte die Musikwelt Felix Mendelssohn Bartholdy zu Lebzeiten. Doch nach seinem frühen Tod wurde er schnell zur Zielscheibe von Anfeindungen. Richard Wagner degradierte ihn 1850 (unter Pseudonym!) in seinem antisemitischen Pamphlet "Das Judentum in der Musik". Ebenso furchtbar: Die Nazis zerstörten 1936 in Leipzig das Mendelssohn Denkmal. Und: Klischees einer wechselhaften Rezeption halten sich hartnäckig. Oft wird in Konzerten nur „bekannter“ Mendelssohn gespielt: "Sommernachtstraum", "Italienische Sinfonie", "das Violinkonzert" - ein Bruchteil seines Werkes. Dem kann abgeholfen werden!

Mit den Orgeltranskriptionen Band 4 (!), bearbeitet und herausgegeben von Martin Schmeding (*1975) wird in der Orgelwelt eine Repertoirelücke geschlossen.Aber es ist schwere Kost! Hier gilt: Üben, üben, üben. Denn die virtuosen, pianistischen Anforderungen sind enorm. An eine spezifische Orgel ist nicht unbedingt gedacht. Allerdings ist ein Schweller nicht zum Nachteil. Zu allen Stücken gibt es mehrerer Registrierungsvorschläge.
Es geht also nicht nur um strengen Purifizismus sondern auch um lebendige Kreativität.

Noch eine Randbemerkung zum damaligen Virtuosenkult: Mendelssohn über Franz Liszt (1825): "Er hat viel Finger aber wenig Kopf."
Sein früher Tod im Alter von nur 38 Jahren schockierte die Musikwelt. Die Nachrufe grenzten an Heldenverehrung.

 

Die Notenausgabe (lt. Vorwort von Leipzig, Oktober 2019) bringt auf 47 Seiten:

A. Präludien-Zyklus opus. 104a (Zählung posthum! Früheres opus 35 im Zeitraum von 1827-1837!) mit:
I. Präludium B-Dur (Allegro molto e vivace)
II. Präludium h-moll (Allegro agitato)
III. Präludium D-Dur (Allegro vivace)
B. Präludium (Allegro molto) und Fuge (Allegro energico) e-Moll WoO 13.

Auf eigenem System ist jeweils die Pedalstimme notiert. Hinweise zur Manualverteilung (Wechsel HW / SW) gibt es reichlich, ebenso Angaben zur Dynamik. Wie bereits oben erwähnt: es wurde wirklich auf „alles“ geachtet. Auf Seite 29 findet sich ein einziges Mal ein Hinweis auf a4 Manual-Ambitus. Ansonsten fährt man mit der Orgel“norm“ (Manual: C-g´´´/ Pedal: C-f´) gut.

Dass der Herausgeber Martin Schmeding zudem als Kenner der Materie gilt, dürfte hinlänglich bekannt sein. Das bestätigen die zahlreiche Aufnahmen (Stichwort: GESAMTwerk für Orgel von J. Brahms, F. Mendelssohn Bartholdy, Max Reger und F. Schmidt).
Bereits im Vorwort erfahren wir um die komplizierte Entstehungsgeschichte. Mendelssohn war eben in vielem ein gründlicher Perfektionist.
Dieses Streben nach Perfektion und Gründlichkeit (nicht zu verwechseln mit Pedanterie) ist hier gelungen und wurde hervorragend umgesetzt:
Für das Wagnis dieser Übertragung von Klavierwerken auf die Orgel gebühren dem Verlag Butz und dem Herausgeber Schmedling herzlicher Dank und Anerkennung. Für Freunde romantischer Musik ist diese Ausgabe ein Muss.

Christoph Brückner für www.orgel-information.de
August 2020 / Januar 2021

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