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Orgeln 2021 & Straße der Backsteingotik 2021

„Orgeln 2021“ mit CD, St. Benno Verlag, Leipzig
Straße der Backsteingotik 2021, Verlag Ludwig, Kiel


Blickfang für den traditionellen Bildkalender „Orgeln 2021“ ist in diesem Jahr einer der schönsten norddeutschen Renaissance-Prospekte, derjenige der Scherer-Orgel in St. Aegidien in Lübeck von 1625. Seit 1978 steht dahinter ein Werk von Klais, das allerdings der Klangwelt eines Scherers vor allem in den Zungenstimmen überhaupt nicht nahekommt. Macht nichts, der Prospekt ist so vollkommen edel, das er auch ohne Musik klingt.
Ferner glänzen die wohl bekannten Prospekte der Riepp-Orgel in Ottobeuren, der Schnitger-Orgel in Neuenfelde, der Trost-Orgel in Waltershausen mit ihren Brüstungspauken, der Silbermann-Orgel der Petrikirche in Freiberg und der Döring-Orgel in Bettenhausen im repräsentativen Hochformat. Der neueste Prospekt ist der der Rieger-Orgel in St. Katharinen in Frankfurt/M von 1990, ein breiter, nichts desto trotz wohlgelungener Prospekt in der nüchternen Citykirche und leider die einzige Aufnahme, die auch genügend Kirchenraum zeigt. Auch Entdeckungen bringt der Kalender mit der Orgel der Schlosskirche von Schloss Friedenstein in Gotha (1692), hinter dem seit 1855 ein Werk von Friedrich Knauf aus Tabarz steht, und der Jugendstil-Prospekt der Feith-Orgel von St, Marien in Berlin-Fiedenau von 1925, geteilt in zwei schellbare Werke zeichnen hier Unter-und Oberorgel auf zwei Emporen übereinander ein wohl einmaliges Orgelwerk. Zu sehen sind noch die Prospekte der Funtsch-Orgel von 1760 in Amberg, hinter dem heute eine Sandtner-Orgel von 1993 steht, der Domorgel in St. Gallen (1811/1968) und der Hör-Orgel in Wolfegg (1736). Wieder ist dem Verlag eine veritable Zusammenstellung schöner Orgelprospekte gelungen, die den Orgelfreund im nächsten Jahr erfreuen werden, allen voran der Prospekt auf der Titelseite von Hans Scherer!
Die beigefügte CD, auf der die Hausorganisten ihre Instrumente mit kurzen Beiträgen vorstellen, ist in diesem Jahr leider wenig attraktiv, zu häufig erklingen die verschiedenen Plena mit wenig einfallsreichen Kompositionen, zu wenig hört man Einzelstimmen mit Herhörattraktion. Am nächsten kommen dem Hörer da noch verschiedene Choralvorspiele über „Vom Himmel hoch“, die Felix Friedrich in Bettenhausen eingespielt hat. So lädt der Kalender, nicht aber die CD, dazu ein, bei Gelegenheit selbst die abgebildeten Orgeln aufzusuchen und ihnen zuzuhören. Und natürlich gilt für den Kalender wieder: Orgelfreunde hängen ihn seit Jahren und werden weiter an ihm hängen.

Immer wieder bringt auch der Kalender „Straße der Backsteingotik“ Orgelportraits, anders als der o.g. Kalender nicht in fotografischer Direktsicht, also aus naher Zentralperspektive, sondern aus Blickwinkeln, die eher einen Besucherstandpunkt widerspiegeln. In diesem Jahr ist es die Stellwagen-Orgel in der Marienkirche in Stralsund, deren Lang- und Querhaus nun ganz geweißt sind. Wohltuend der Blickpunkt am Beginn des Chores, der so die Totale in das Querhaus und in das Langhaus mit ihren jeweiligen Musikemporen ermöglicht! Außerdem ist noch portraitiert der Wagner-Prospekt der Furtwängler & Hammer-Orgel in St. Marien in Salzwedel, eine Aufnahme, die auch die bildschöne Kanzel miteinbezieht. Neben den sehr bekannten Kirchen in Bad Doberan und Lüneburg (St. Nikolai), Wismar und Rostock ziehen auch die Aufnahmen aus Prenzlau (Ostgiebel von St. Marien), Havelberg (Lettner im Dom), und aus Doberlug-Kirchhain (der romanische Chor der Klosterkirche von Südosten) die Blicke auf sich. Dass beide Kalender hohes fotografisches Können bestätigen, versteht sich von selbst. Der Rezensent schaut sie beide gerne immer wieder an, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr…

Rainer Goede - für www.orgel-information.de
Juli 2020 / Dezember 2020

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